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Gottesdienst

Audio-Predigt für den 5. Sonntag in der Passionszeit – Judika, den 21. März 2021 - hier anklicken...

Von Pastorin Susanne Bostelmann

Sie können die Predigt hören, indem Sie im folgenden Kästchen auf die Pfeilspitze klicken.



Hier ist der Text der Predigt zum Lesen.

Hiob 19,19-27 19 Es verabscheuen mich die Männer meines Vertrauenskreises; die ich geliebt habe, sind vor mir ganz umgewandelt. 20 An meiner Haut und meinem Fleisch kleben meine Knochen und ich bin entronnen mit der Haut meiner Zähne.
21 Erbarmt euch meiner, erbarmt euch meiner, ihr meine Freunde, denn die Hand Gottes ist es, die mich getroffen hat! 22 Warum verfolgt ihr mich so wie Gott und werdet von meinem Fleisch nicht satt?!
23 Wer gäbe es doch – und meine Worte würden aufgeschrieben. Wer gäbe es in der Schrift – und sie würden eingeprägt, 24 mit eisernem Griffel und Blei, auf Dauer in Felsen würden sie eingehauen!? 25 „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“ und als der Letzte wird er über den Staub sich erheben.
26 Nachdem meine Haut so geschunden ist – aus meinem bloßen Fleisch werde ich Gott sehen, 27 ich bin es, der ich Gott für mich sehen werde, mit meinen Augen werde ich sehen – und nicht als Fremder: es verzehren sich danach die Nieren in meinem Leibe.

Liebe Krisengeplagte,

Im Moment kommt es richtig dicke. Gerade waren wir so zuversichtlich, dass ein Ende der Beschränkungen in Sicht ist. Ansteigende Kurven zeigen uns nun täglich, dass wir gerade wieder tiefer in die Pandemie-Krise gehen. Dazu kommt mein eigenes Päckchen, das ich trage, wie jede und jeder von uns. Und ein Blick in die Nachrichten macht uns deutlich, dass Kriege, Klimakrisen und Ungerechtigkeit nicht aus der Welt sind, nur weil wir seltener von ihnen hören. Wir brauchen Hoffnung, gerade jetzt. Woher die nehmen? Das können wir heute von Hiob lernen.

Manchmal kommt es richtig dicke. Und manchmal denke ich, schlimmer geht es nicht. Leider doch, lehrt die Erfahrung. Schlimmer geht immer.
Das ist nicht nur unsere Erfahrung aus dem letzten Jahr. Das ist eine menschliche Erfahrung. Im persönlichen Bereich ist es gar nicht so selten, dass einem Schicksalsschlag ein nächster folgt. Die Frage nach einem „Warum?“ bleibt dabei meist unbeantwortet und schreit daher zum Himmel. Warum diese Krankheit? Warum dieses Leid? Warum die vielen Kinder dieser Erde? Warum ich? Wo bleibst du, mein Gott?
Schlimmer geht immer. Diverse Schicksale in der Bibel erzählen davon. Einer davon ist Hiob.
Hiob bekam eine schlimme Nachricht nach der anderen. Seitdem sind schlimme „Hiobsbotschaften“ zum geflügelten Wort geworden.
Aus dem Nichts bricht Hiobs Leben zusammen: Seine Kinder sterben, er verliert sein Hab und Gut in einer Klimakatastrophe. Auch seinen guten Ruf und seine Unbescholtenheit verliert er. Dazu erleidet er eine furchtbar schmerzhafte Krankheit. Und zuletzt verlassen ihn auch seine Freunde, weil sie sich nicht vorstellen können, dass ihm dieses Unheil grundlos widerfuhr. Hiob verliert alles. Einsamkeit scheint sein Schicksal zu sein.
Da wendet sich Hiob an Gott und klagt. Er benennt seinen großen Schmerz: „Alle meine Vertrauten verabscheuen mich, und die ich liebhatte, haben sich gegen mich gewandt. Mein Gebein hängt nur noch an Haut und Fleisch und nur das nackte Leben brachte ich davon“ (Hiob 19,19f). Seine Frau leidet so mit, dass sie seinen Tod für das kleinere Übel hält. Sie hat keine Hoffnung mehr für ihn und empfiehlt Hiob loszulassen und zu sterben.
Aber das ist nicht Hiobs Weg. Er will nicht sterben. Er will Gerechtigkeit von Gott. Er fordert Gott heraus, ihm Recht zu verschaffen (wie in Psalm 43).

Hiob ringt über viele Kapitel mit Gott und überwindet dadurch nicht nur seine Einsamkeit und Schwäche. In seinem langen Kampf wirkt er sehr vital. Und geradezu trotzig setzt er seine Hoffnung auf Gott. Mit einem irren Bekenntnis gegen die augenscheinliche Hoffnungslosigkeit bekennt er: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt. (Hiob 19,25)
So wie sein Leben an einem Faden hängt, hängt an diesem einzigen Satz Hiobs Hoffnung. Gegen alle schmerzlichen Erfahrungen proklamiert Hiob für sich und für alle Generationen nach ihm. „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“
Das ist unser Dreh- und Angelpunkt bis heute: Auf Hoffnung, auf Erlösung, zu setzen auch da, wo es eigentlich nichts zu hoffen gibt.

Zuversicht kann wackeln und zerbrechen, denn Zuversicht hängt an konkreten Erfahrungen. Wir haben erlebt, dass nicht alles gut ausgeht. Schlimmer kann es immer kommen. Persönlich und weltweit erst recht. Das macht Zuversicht im Moment mürbe.
Hoffnung ist stärker. Hoffnung hat den Wortursprung im Mittelniederdeutschen „Hopen“. Das heißt Hüpfen, vor Erwartung springen und zappeln. Ich habe meine kleine Nichte vor Augen, die an der Tür hüpft, wenn Besuch kommt: Hoffnung heißt, mit kindlicher Seele freudig zu erwarten, dass etwas Wünschenswertes eintreten wird. Ohne dass Gewissheit darüber besteht.
Hoffnung ist stärker als Zuversicht. Sie lässt sich auch von gegenteiligen Erfahrungen und schlechten Prognosen nicht beirren. Dass sie vergeblich ist, lässt sich die Hoffnung nicht sagen. Stattdessen fordert sie Gott heraus und hält an Gottes Gerechtigkeit fest. Sie hüpft vor Freude, weil sie Gottes Zukunft vor Augen hat. Auch in gegenteiligen Erfahrungen.

Es ist unser Paradoxon des Glaubens: gegen den Anschein der Hoffnungslosigkeit auf Hoffnung zu setzen. Gegen schlimme Erfahrungen auf Gottes Verheißung zu hoffen. Das will ich von Hiob lernen. Wie ein körperliches Training will ich so Hoffnung trainieren.
Ich will mein kindliches Vertrauen trainieren und hoffen, dass, dass Gerechtigkeit Wahrheit wird und nicht nur ein Wort bleibt. Wie Hiob will ich Gott herausfordern, seine Zukunft in die Gegenwart zu weben. Und merke: Zum Training der Hoffnung gehört auch, dass ich Gottes Gerechtigkeit wachsen lasse. Dass ich so lebe, dass Gottes Schöpfung Zukunft hat. Dass ich Frieden einübe. Gerechtigkeit für alle Gotteskinder einklage. Ich klage und hoffe, dass Gott uns Gerechtigkeit verschafft, mir und allen Schicksalsgeplagten.

Hiobsbotschaften werden unser Erdenleben zeitlebens herausfordern. Die Nöte des weltweiten Elends genauso wie die Tränen in vielen einsamen Jammertälern und auch das „Ach“ unter meinem Dach. Wir alle wissen nicht, wie das Abenteuer Leben auf dieser Erde ausgeht. Aber wir sind nicht gottverlassen. Niemals! Das schenkt uns das Hiob Buch mit seiner positiven Hiobsbotschaft: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!
Amen

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