Audio-Predigt für den Sonntag Lätare, den 14. März 2021 - hier anklicken...
Von Pastorin Gesina Bräunig
Was man braucht: Mindestens eine Person. Eine Kerze. Eine Bibel. Vielleicht ein Gesangbuch.
Zünden Sie die Kerze an.
Sie können die Predigt hören, indem Sie im folgenden Kästchen auf die Pfeilspitze klicken.
Hier ist der Text der Predigt zum Lesen.
Predigt über Johannes 12,20-24
Das Evangelium für den heutigen Sonntag steht bei Johannes im 12. Kapitel und ist zugleich der Predigttext.
Es waren einige Griechen unter denen,
die heraufgekommen waren,
um anzubeten auf dem Fest.
Die traten zu Philippus, der aus Betsaida in Galiläa war,
und baten ihn und sprachen:
Herr, wir wollen Jesus sehen.
Philippus kommt und sagt es Andreas,
und Andreas und Philippus sagen’s Jesus.
Jesus aber antwortete ihnen und sprach:
Die Stunde ist gekommen,
dass der Menschensohn verherrlicht werde.
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch:
Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt,
bleibt es allein;
wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.
Stille Post.
Einige Griechen sind zum Passafest nach Jerusalem gekommen.
Sie sind neugierig auf den fremden Kult.
Ins Innerste des Tempels lässt man sie als Nichtjuden nicht herein.
Aber sie erleben das Fest trotzdem mit.
In den Gassen und Häusern Jerusalems stürzen sie sich ins Treiben.
Dieser Tage redet die ganze Stadt über Jesus.
Jeder, so scheint es, kennt Jesus.
Und genau das ist das Problem.
Wen jeder kennt, an den kommt kaum einer heran.
Wie gut also, wenn man jemanden kennt, der jemanden kennt…
Philippus spricht Griechisch.
Ihn sprechen sie an:
„Wir wollen Jesus sehen!“
Am Ende antwortet Jesus:
„Die Zeit ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde.“
Ich frage mich:
Was hat Jesus gehört?
Was ist bei ihm angekommen?
„Wir wollen Jesus gern sehen!“
Philippus erzählt es Andreas:
„Wir sollen Jesus gern sehen.“
„Wie soll Jesus gehen.“
„Jesus, wie soll’s gehen?“
Und Jesus sagt:
„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt,
bleibt es allein.
Wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“
So könnte es gewesen sein.
Muss es aber nicht.
Orgel: EG 98, 1
Zart ist diese Melodie.
Tastend.
Fast kann ich in ihr das Weizenkorn wachsen hören.
Dorisch heißt die Tonart.
Dorisch gilt als Ostertonart.
„Kühn, festlich, herb“, hat einmal jemand diese Tonart beschrieben.
Ostern ist ein kühner Gedanke!
Der Weg dahin ist mehr als herbe.
Von Haus aus ist die Melodie gar keine Oster- und auch keine Passionsmelodie.
Es ist ein Weihnachtslied.
Ein altes französisches Weihnachtslied.
John Macleod Campbell Crum, ein Engländer, hat durch seine Worte ein Passionslied daraus gemacht.
So kommen Weihnachten und Ostern zusammen.
Ohne das Erlebnis von Ostern würden wir nicht Weihnachten feiern.
Ostern war zuerst da.
Es ist bis heute kirchlich und christlich gesehen, das bedeutendere Fest.
Wenn es Ostern nicht gäbe, würden wir uns den Leidensweg Jesu nicht regelmäßig „antun“.
Wir würden nicht mehr an seinen grausamen Tod denken.
Und wir würden auch nicht Weihnachten, die Geburt Jesu, feiern.
All das gehört zusammen.
Eines hat nur durch das andere Sinn.
Während ich über das Vergehen und Sterben nachdenke, weiß ich, dass darin ein zarter, hoffnungsvoller Neuanfang liegt.
Letztlich: Neues Leben.
Wie das Kind in der Krippe.
Die Liebe, das Leben und Leiden Gottes sind aus der gleichen Melodie gemacht.
Orgel: EG 98, 2
„Wir wollen Jesus sehen!“
sagen die Griechen.
Ob sie ihn letzten Endes zu Gesicht bekommen haben, ist nicht überliefert.
Wenn sie ihn gesehen haben, dann im Wissen um seine Worte:
„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt,
bleibt es allein.
Wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“
Vermutlich ist es den Griechen aber ebenso ergangen wie uns:
Sie haben nur von Jesus gehört.
Das, was andere von ihm erzählt haben.
Sie haben Jesus nicht von Angesicht zu Angesicht gesehen.
Ich glaube, Jesus hat verstanden, was die griechische Reisegruppe wollte.
Seine Antwort ist viel mehr, als das Ergebnis einer stillen Post!
Jesus macht deutlich:
„Es reicht nicht, mich zu sehen.
Nur wer meinen Tod mitaushält und meine Auferstehung erfährt, sieht, versteht und erkennt, wer ich wirklich bin.
In dem Weg, den ich gehe, ist Euer Weg vorgezeichnet.“
Jesus geht seinen Weg bis zum Ende.
Bis zum „Es ist vollbracht!“ am Kreuz.
Sein Sterben und Auferstehen sind die Voraussetzung dafür, dass Menschen, glauben.
Und durch ihren Glauben Frucht bringen.
Auch Menschen aus dem heidnischen Griechenland.
Auch wir!
Wenn man ein Samenkorn aussät, erstirbt es nicht wirklich.
Es verändert seine Form.
Jesus stirbt tatsächlich.
Er stirbt unseren Tod.
Und mit seinem Tod verändert Gottes Liebe ihre Form.
Das Weizenkorn bleibt nicht allein.
Es wird ausgesät.
Gottes Liebe lebt weiter.
Über alle Zeiten hinweg.
Jesus bleibt in uns und wir ihn ihm.
Es braucht Zeit.
Es braucht Geduld.
Es braucht Gelassenheit.
Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün.
Orgel: EG 98, 3
Fürbittengebet und Vater unser
Gott,
Du bist den Leidenden nah,
Du bist den Weg des Leidens zu Ende gegangen,
durch den Tod hindurch zum Leben.
Wir denken heute an die unzähligen Menschen, die an den Folgen von Covid-19 gestorben sind.
An diejenigen, die um sie trauern.
An all jene, die unter den Folgen der Pandemie zu leiden haben.
Die nicht ein noch aus wissen.
Sie alle legen wir Dir ans Herz.
Gott,
ich sehne mich nach Gemeinschaft, Nähe, geteilter Freude.
Nach so vielem, worauf wir nun schon so lange verzichten müssen.
So lange schon dürfen wir nicht miteinander singen.
Einander umarmen.
Immer wieder begleiten Angst und Sorge unsere Begegnungen.
Hilf uns, im Moment zu leben, Gott..
Loszulassen.
Uns fallen zu lassen.
Hinzugeben.
Und uns einzubringen, wo wir gebraucht werden.
Zieh uns auf Deinen Weizenkorn-Weg.
Schenk uns Freude an Dir.
Lass die Trauergeister weichen.
Zieh in uns Deine Furchen,
damit das Leben aufblüht
die Hoffnung zu sprießen beginnt
und Deine Liebe in unserer Welt wächst.
Nimm unser, oft so gefangenes Herz, in Deine Hand.
Lass es wachsen.
Hin zu Dir.
In der Stille halten wir Dir hin, was wir auf dem Herzen haben.
Stille.
Gemeinsam beten wir, wie Jesus Christus es uns gelehrt hat
Vater Unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name,
Dein Reich komme,
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen,
denn Dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit.
In Ewigkeit. Amen.
Segen
Öffnen Sie nun empfangend die Hände. Eine*r oder alle gemeinsam sagen:
Gott, segne uns und behüte uns.
Lass Dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Erhebe Dein Angesicht auf uns und gib uns Frieden.
Amen.
Pusten Sie nun die Kerze aus.
Nehmen Sie sich ein bisschen Zeit nach dem Gottesdienst. Widerstehen Sie der Versuchung, sofort zur Tagesordnung überzugehen. Vielleicht ist jetzt gerade eine gute Gelegenheit, weiter über das zu sprechen, was Sie bewegt.