Gottesdienst
Predigt für den 2. Sonntag nach Epiphanias 2021, 17. Januar hier anklicken…
von Pastorin Ulrike Wenn
Predigttext: Johannes 2, 1-11 (Übersetzung nach Martin Luther 2017)
Am dritten Tage war eine Hochzeit zu Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war da. Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen. Und als der Wein ausging,
spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. Jesus spricht zu ihr: Was habe ich mit dir zu schaffen, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut. Es standen aber dort sechs steinerne Wasserkrüge für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in jeden gingen zwei oder drei Maße. Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan. Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt's dem Speisemeister!
Und sie brachten‘s ihm. Als aber der Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und nicht wusste, woher er kam – die Diener aber wussten's, die das Wasser geschöpft hatten –, ruft der Speisemeister den Bräutigam und spricht zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie trunken sind, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt zurückgehalten. Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat. Es geschah zu Kana in Galiläa, und er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.
Es war im Hamburg-Journal im Fernsehen, Ende März 2020, da wurde von einem Hochzeitspaar berichtet, das kurz nach Beginn des ersten Lockdown heiraten wollte.
Man hatte ihnen gesagt, sie hätten allein vor dem Standesamt zu erscheinen, niemand, nicht einmal die eigenen Eltern, dürften sie begleiten, und einen eigenen Stift zum Unterschreiben der Urkunden hätten sie auch selbst mitzubringen.
Das Paar war am Boden zerstört. Absagen wollten sie die Trauung aber auch nicht und stellten sich auf eine einsame Zeremonie ein.
Was sie dann erlebten, wurde eines der am meisten angeschauten Videos auf Facebook, viermillionenmal wurde es aufgerufen:
Die Familie und die Freunde des Brautpaars ließen die beiden auf dem Rückweg vom Standesamt in ihrem Auto an jeder Wohnung eines geladenen Gastes vorbei fahren, wo dieser Gast ein absolut kontaktloses, sichtbares, hörbares oder kleinvolumiges Geschenk präsentierte: Musikstücke, Tänze, kostümierte Darbietungen, Taschen mit Geschenken, die an langen Stecken in das Auto hereingereicht wurden, Banner, die an Brücken heruntergelassen wurden, als das Paar darunter hindurch gefahren wurde – es war eine mehrstündige Heimfahrt, die das frisch getraute Paar absolvierte und die beiden Frischvermählten zu Tränen rührte und unendlich dankbar machte für die Liebe und Wertschätzung, die sie auf diesem Weg erfuhren.
Nun ist diese Hochzeit aus der Gegenwart keine aktuelle Wiederholung eines biblischen Wunders, von dem der heutige Predigttext aus dem Johannesevangelium erzählt. Aber beide erzählen eine Geschichte, die von Erwartungen, Enttäuschungen und unerwarteten Wendungen handelt, und in die sich auch unsere Erwartungen, unsere mitvollzogene Enttäuschung und Überraschung mischen.
Ein paar Schlaglichter nur:
Unser Bild vom irdischen Jesus speist sich vor allem aus den Kindheitsgeschichten, die wir nur im Lukas- und Matthäusevangelium vorfinden.
Im Januar sind wir diesen Bildern und Symbolen aus der Weihnachtsgeschichte noch sehr nah.
Johannes lässt seinen Jesus erstmalig als erwachsenen Mann auftreten, und das, was dieser erwachsene Mann tut, sollen wir zeichenhaft sehen für alles, was noch erzählt wird. Und zu verstehen ist dies alles sowieso nur vom Ende her, wo Jesus nach drei Tagen im Grab auferweckt wird und damit die Grenzen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sprengt.
Eine harte Nuss für alle, die nicht willens sind, ihren Verstand an der Kirchentür abzugeben.
Johannes berichtet am Anfang seines Evangeliums von der ersten Woche seines öffentlichen Wirkens und knüpft damit an die Schöpfungsgeschichte an und hier speziell auf deren Ablauf in sieben Tagen. Dem Erzähler geht es also um die großen Zusammenhänge, und ihm ist klar, dass Gott durch Jesus etwas geschehen lässt, das der Schöpfung gleichkommt, etwas Außergewöhnliches, Aufregendes, Kreatives im wörtlichsten Sinn.
Es ist durchaus beabsichtigt, dass sich die Ebenen dieser Geschichte vermischen: Zeiten, Erfahrungen, und zu Erfahrung geronnene Geschichten klingen zusammen und ergeben etwas Neues, das unsere Zeitebenen verwirrt, auch die Biografie Jesu mischt ihr Ende schon mit hinein.
Waren vorher Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft abgeschottet gegeneinander, hat die Auferweckung Jesu am dritten Tag nach seinem Tod am Kreuz die Tore zwischen den Zeiten aufgerissen. Jesus ist der Mensch, dem Gott alle Zeiten sperrangelweit geöffnet hat. Hier, im irdischen Vorzimmer, wird etwas davon spürbar bei jedem gelungenen Fest.
Zum Ritual eines Festes gehört es, an die Vergangenheit, an eine alte Tradition anzuknüpfen. Dazu kommt ein aktueller Anlass: Dies Paar feiert Hochzeit, heute. Am Horizont soll sich aber eine glückliche Zukunft öffnen.
Das Paar, von dem ich eingangs erzählt hatte, und das im ersten Lockdown eine traurige und einsame Trauung erwartete, hatte zunächst mit der Enttäuschung seiner Erwartungen an seine geplante Hochzeitsfeier zu kämpfen. An eine gute, alte Tradition anzuknüpfen, wurde den beiden Brautleuten nahezu unmöglich gemacht.
Durch die Kreativität ihrer Menschen und das heiße Bedürfnis, es sich von diesen miesen äußeren Bedingungen nicht nehmen zu lassen, den beiden Liebe und Wertschätzung zu zeigen, ist etwas Neues entstanden, das vielen Menschen auch über die konkrete Situation hinaus Freude und Hoffnung gegeben hat. Das ist vielleicht eine ganz und gar unfromme, nicht kirchlich bedingte Sache gewesen, aber es hat Menschen eine Tür geöffnet, wo das Zeitgeschehen sie scheinbar fest verschlossen hatte.
Und es hat mich berührt zu sehen, wie es den Menschen um dies Paar herum gelungen ist, mit ihrer Aktion den beiden Brautleuten reinen Wein darüber einzuschenken, wie fragil unsere Lebensumstände sein können, aber vor allem darüber, wie wunderbar es ist, dass diese beiden einander gefunden haben und nun allen Umständen zum Trotz glücklich verheiratet sind.
Diese glückliche Zukunft ist das, was Gott für uns alle will. Ob wir seiner Einladung folgen oder nicht, entscheiden wir selbst.
Amen.
Gebet
Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit,
du öffnest uns in Jesus Christus die Tür zu einem Leben,
in dem es Liebe und Lebensfreude im Überfluss gibt.
Wir strecken uns danach aus,
aber unsere gegenwärtige Situation und unsere täglichen Sorgen
machen es uns immer wieder schwer.
Wir bitten dich für uns und alle, die mit uns auf dem Weg sind:
Schenke uns Kreativität und Warmherzigkeit, die uns Wege zu anderen ermöglicht und
ihnen davon erzählt, dass wir miteinander verbunden sind und bleiben.
Wir denken an
alle Schülerinnen und Schüler,
an die Pflegenden in Krankenhäusern, Einrichtungen und Impfzentren,
an Menschen, die eine Infektion fürchten müssen oder um Menschen fürchten, für die
eine Infektion gefährlich werden würde,
auch an die Menschen, für die diese Pandemie so bedrohlich erscheint, dass sie keine
andere Möglichkeit haben als die Gefahr zu leugnen,
an die Menschen, die sich in allen Teilen der Welt für den demokratischen Diskurs einsetzen und dafür, dass diese Welt für alle Menschen ein guter Ort wird und bleibt,
und an die Menschen, deren Namen wir dir in der Stille nennen:
…
Hilf uns, dir zu vertrauen, dass du mit uns gehst
und deine Sonne auch an dunklen Wintertagen und in Zeiten der ungewollten Einsamkeit scheint.
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft
und die Herrlichkeit
in Ewigkeit.
Amen.
|