Gottesdienst
Gedanken zum Karfreitag - 10. April - hier anklicken...
Karfreitag – an diesem Tag steht alles still. Karfreitag – für Christen einer der höchsten Feiertage. Karfreitag – der Tag, an dem Jesus gekreuzigt wurde.
Alles steht still: Geschäfte sind geschlossen, es gilt Tanzverbot – dieses Jahr nicht nur am Karfreitag, sondern schon seit einigen Wochen. Steht sonst für viele Menschen die Ruhe des Karfreitags im Gegensatz zu den Möglichkeiten eines verlängerten Osterwochenendes, so ist die Ruhe dieser Tage unser Alltag. Karfreitag an jedem Tag?
Was fange ich mit mir an, wenn um mich herum alles ruhig ist? Was höre ich besonders deutlich, wenn alles um mich herum schweigt?
Ich höre die klagende Stimme eines Beters: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Weit entfernt ist meine Rettung. Ungehört verhallt mein Hilfeschrei. ‚Mein Gott‘, so rufe ich am Tag, doch du gibst keine Antwort. Und so rufe ich in der Nacht, doch nur Schweigen umgibt mich.“ (Psalm 22,1-3)
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Verlassen fühlen sich dieser Tage viele Menschen. Menschen, die im Krankenhaus bis an die Belastungsgrenze arbeiten. Menschen, die fürchten ohne Arbeitsplatz aus dieser Krise herauszugehen. Menschen, für die kein Beatmungsgerät zur Verfügung steht. Menschen in Isolation, deren Einsamkeit sie krank macht. Menschen, denen keine Möglichkeit des Abschieds von Verstorbenen bleibt…
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Hilflos und voll Sorgen stehen wir vor dem Leid, das uns das Leben schwer macht. Keiner von uns kann abschätzen, wie lange uns die Auswirkungen der Corona-Krise belasten werden. Karfreitag heißt: Gott ist mittendrin in dieser Verlassenheit. In Jesus begibt sich Gott kompromisslos in das Leid hinein. Jesus wird von Freunden verraten. Er wird verspottet, bespuckt und gefoltert und schließlich am Kreuz getötet. Und Gott bleibt da, er hält den Schmerz mit aus. Er weicht den tiefsten menschlichen Erfahrungen von Leid nicht aus. Gott ist da, auch wenn wir uns von ihm verlassen fühlen. Das Zeichen dafür ist das Kreuz, das Himmel und Erde verbindet: Gott ist uns nah. Nichts steht zwischen ihm und uns.
Mit dieser Hoffnung blicken wir auf unser Leben. Wir sind mittendrin in einer Leidenszeit. Noch brauchen wir Geduld, bis sich die bedrückende Ruhe wieder aufhebt. Und nicht alles wird wieder sein wie vor Corona. Doch wir leben aus der Hoffnung: Gott, der da war und der da ist und der da kommt, ist uns nah.
Was höre ich besonders deutlich, wenn alles um mich herum schweigt?
Ich höre noch einen zweiten Satz von Jesus:
„Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ (Matthäus 28,20b)
Bleiben Sie behütet!
Ihre Vikarin Stephanie Müller
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