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GOTT HÖRE UNS - Die Aufschrift des Kerzenleuchters für die Offene Kirche. Predigt von Thomas Jeutner zur Ingebrauchnahme des Leuchters am 18.3.2012

GOTT HÖRE UNS - steht in ziselierten Buchstaben auf dem Messing des Kerzenleuchters in der Vicelinkirche. Foto: Susanne Fink-Knodel

Gnade sei mit Euch und Frieden, den Gott schenkt.

Liebe Schwestern und Brüder,

von außen gesehen nehmen wir heute ein Möbelstück in Gebrauch: Einen Leuchter, in seiner Funktion und Form
angedacht in einer Gruppe unserer Gemeinde.
Zu ihr gehören einige Kirchenhüter, und unsere Küsterin.
Und auch einige Kirchenvorsteher, und zwei Architekten.

Der Leuchter gehört nun zum Inventar unserer Vicelinkirche.
Sozusagen ein Geburtstagsgeschenk im 50. Jubiläumsjahr.
[1962, am Ersten Advent, wurde sie eingeweiht.

In seiner Gestalt ist der Leuchter der Schlichtheit unserer Kirche angepasst,
und ihrem geistlichen-architektonischen Grundton.
Aber ein Möbelstück ist der Leuchter nur äußerlich.
Von seinem inneren Gehalt her
ist er ein Teil des Betens der Gemeinde.

Die meisten Besucher,
die während der drei Kirchenöffnungstage in unser Gotteshaus kommen,
suchen die Stille.
Ihre Gedanken möchten sie sammeln.
Um die eigene Situation zu überdenken,
in diesem Kirchenraum.
In dem wir die Einladung besonders spüren,
dass Gott uns nahe sein will.

Manche unserer Gäste werden im Stillen ein Gebet sprechen.
Aus Freude vielleicht.
Oder im Bewusstsein einer schweren Zeit, die sie gerade durchleben.

Manche sind erschüttert von den Nachrichten von Kriegen und Konflikten.
Der Unfrieden in Afghanistan ist bedrückend;
die Ermordung von afghanischen Zivilisten durch einen Nato-Soldaten vor ein paar Tagen ist furchtbar.
Der Unfall im Schweizer Autobahntunnel diese Woche, bei dem so viele Schulkinder starben, lässt uns an die trauernden Familien denken.
Es gibt so viel Eigenes und Fremdes was uns bewegt,
was Menschen mit hinein nehmen in unsere stille Kirche

Ihr Beten hat möglicherweise keine Worte.
Auch ein Seufzen, ein Weinen, ein Stummsein
kommen als Gebet an Gottes Ohr.

An unserem Leuchter zünden die Betenden gern ein Licht an.
Licht verwandelt das Dunkle,
es verzaubert die Stille.
Es tröstet unsere Gedanken.
Und hilft uns zu glauben,
dass unser Beten gehört wird.

So gehört der Leuchter hinein in das gottesdienstliche Gebet der Gemeinde.
Sonntag für Sonntag,
seit 50 Jahren in mehreren Saseler Generationen,
halten wir Fürbitte in unseren Gottesdiensten.
Oft bekräftigen wir unser Beten mit einem gemeinsamen Satz.
„Gott, höre uns“.

Diese drei Worte sind nun in feiner Schrift eingraviert
auf der Metallplatte unseres Leuchters.

* * *

GOTT – das erste Wort.

Gott ist der Angeredete.
Der Gesuchte.
Ihm wird im Glück gedankt.
In Not wird er um Hilfe angefleht.
Gottes Nähe wird gesucht,
wenn betagte Menschen in einem Altersheim beten.
Oder wenn Eltern am Bett eines kranken Kindes sitzen.
Erfahrungen mit Gott spielen eine Rolle
wenn wir in der Kirche in seinem Namen zusammen sind.
Von ihm wird erzählt,
wenn Besucher etwas in unser Gästebuch schreiben.

Die Bibel ist voller Geschichten davon,
welche Wege wir Menschen zu Gott finden können,
oder wie wir sie uns verbauen.
Gott – ist nicht erklärbar.
Wenn man auf wikipedia eingibt: Gott:

Kommt die Antwort: „Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Gott (Begriffsklärung) aufgeführt“.

Schon diese Erklärungen aufzurollen, dauert Minuten…
Und können sie deutlich machen, was und wer Gott ist?
Was sich Menschen unter Gott vorstellen,
ist ganz verschieden.
Allein in den Texten unserer Stunde ist das zu merken:
Im Psalm 31 – hält Gott „unsere Zeit in seinen Händen“.
Er ist unsere „feste Burg“.
Die uns als gute Kraft umgibt. Und schützt.

Im alten Prophetenwort des Jesaja
ist er auch der verborgene Gott,
der das Volk Israel, wie es heißt, „eine kleine Weile“ verlassen hat.
Gemeint ist die schwere Zeit der Verbannung,
die mehrere Generationen dauerte,
und die viele in Verzweiflung stürzte.

Im gleichen Jesaja-Textes ist Gott auch der Bräutigam.
Der sich erinnert, an seine Verliebtheit in die Braut,
der die Geliebte seiner Jugend
nicht vergessen wird.
Gott – ist der Bräutigam,
das Volk Israel – ist die Braut.

Auch in unserem Evangeliumstext an diesem Passions-Sonntag
ist ein Bild von Gott überliefert:
Er ist wie ein Samenkorn.
Das in die Erde gesät wird,
wo es in seiner äußeren Gestalt zerfällt.
Aus seiner inneren Kraft aber keimt es,
und bringt neues Leben hervor.
Ja, es ist ein Christusbild.
Es redet von Gott, der mitleidet.
Mit uns aushält.
Mit uns stirbt.
Der mit uns mitgeht, auf allen Stationen des Glücks,
auf allen Wegen von unserem Schmerz,
das alles ist Gott.

Das war das erste Wort auf dem Leuchter.

* * *

„HÖRE“ – ist das zweite Wort.

Der Beter unseres heutigen Psalmes
macht diese Aufforderung dringlich:
„Höre uns, neige dein Ohr zu mir!“

Wir wissen, dass Gott kein Mensch ist.
Und doch sind wir eingeladen,
uns so an Gott zu wenden,
wie wir auch als Menschen miteinander im Kontakt sind.

Wir tun es mit Reden, mit Hören.
Jesus hat es seine Freunde so gelehrt.
Er riet ihnen nicht,
sich schweigend und stumm an Gott zu wenden.
Nicht, weil Gott unser Schweigen und Stummsein nicht wahrnehmen würde.
Sondern weil es uns Menschen leichter fällt,
uns auszudrücken, wenn wir dabei
Worte, Gesten und Gefühle zeigen können.
Wenn wir jemanden lieb haben,
vielleicht wie Brautleute, die sich lange nicht sahen,
werden wir uns nicht einander stumm gegenüber setzen,
uns schweigend begrüßen,
um in Meditation beieinander zu sein.

Wir werden aber erzählen und uns umarmen.
Wir werden unsere Sorge zeigen oder unser Glück.
Wir werden Worte machen,
weinen oder lachen.

Menschen sind darauf angewiesen,
dass wir für sie sprechen, damit ihr Anliegen gehört wird.
„Tue deinen Mund auf für die Stummen,
und für die Sache aller, die verlassen sind“, heißt es im Alten Testament in den Sprüchen; > > vgl. jene Kinder und Jugendlichen,
die in Sasel, am Heideknick 4, in eine Wohngruppe ziehen könnten,
wenn nicht der Nachbarprotest sie juristisch daran hindert.
Es geht um 8 - 10 Kinder zw. 10 + 16 Jahren;
100 Saseler, die sich Ortsamt wehren… Gemeinde: Anliegen unterstützen,
dass die Sorgen der Kinder und Jugendlichen gehört werden.

* * *

„Höre“ – heißt unser Wort auf dem Leuchter.
Es setzt voraus, dass wir reden, für uns, für andere, für Gott,
laut oder leise.
Höre – das rechnet damit,
dass Gott uns wahrnimmt.

Höre – das war das zweite Wort
auf unserem Leuchter.

* * *

Schließlich das letzte:

UNS.

„Gott, höre uns!“
Ja, wir dürfen uns im Blick haben.
Unter Christen wird es manchmal falsch gewichtet,
dass nur die Nächstenliebe ihr Recht bekommt.
Und der Blick auf mich selbst,
auf meine Wünsche und Fragen und Zweifel verpönt sei.
Aber die biblischen Texte, vor allem die Psalmen,
lehren uns eine andere Sicht.
Sie bringen private Not zur Sprache,
erzählen von persönlichem Schicksal.

„Gott, höre uns“ -
Das zeigt wie konkret Glaube ist:
Bezogen auf mich und mein Leben.
Wir können unsere Situation vor Gott bringen,
wenn wir „höre uns“ sagen:
Wir denken dabei
- An unser Sasel;
- An unsere Gemeinde, an eine besondere Gemeindegruppe, die uns am Herzen liegt.
- Vielleicht denken wir an unsere Schule, an die eigene Schulklasse.
- Ich kann an meine Familie denken,
- An meine Beziehung;
- An meine Nachbarschaft.
- Wir denken auch an unsere Welt, an Menschen in Unglücken, in Kriegen, in Krankheit und Leid.

Jeder und jedem von uns fällt viel ein,
welche Situation gemeint sein kann,
wenn wir im Gebet so sprechen: „G o t t , h ö r e u n s “ .
Das sind die drei Worte
Auf unserem Leuchter: „Gott höre uns“.

* * *

Es ist ein Gebet.
Und es wartet auf Antwort.

Wir wissen, dass eine Antwort viele Wege hat.
Es kann eine Umarmung sein.
Ein Blick.
Eine konkrete Hilfe, und eine Bestätigung.

Antwort – kann auch eine Konfrontation sein;
In einem unangenehmen Konflikt,
der mir die Augen öffnet – kann eine Antwort stecken,
eine Lösung für mein Problem.

Manchmal steckt die Antwort in einem Gefühl.
In einem unguten, mulmigen vielleicht,
und es ist gut, wenn wir in Entscheidungen darauf zu achten gelernt haben.

Antwort kann auch in einem wirklichen Wort kommen.
Wie in unserem Text heute,
von Jesaja.
Er endet mit dem Zuspruch:

„Es sollen wohl Hügel hinfallen und Berge weichen,
aber meine Gnade soll nicht von dir weichen“.

Diese Antwort gilt den betenden Israeliten.
Die von Gott beides erfahren hatten –
sowohl sein Urteil, und seinen Zorn.
Wie auch seine Verheißung.

Wir machen bis heute die gleichen Erfahrungen.
Wenn wir an Gottes Güte manchmal glauben können.
Und es auch Zeiten gibt,
da ist uns Gott fern.
Da ist unsere Sorge zu groß.
Unser Leid zu drückend.
Unser Zweifel nimmt allen Raum.

Gottes Antwort findet aber zu uns den Weg.
Darauf möchte ich vertrauen,
mit allen die in dieser Stunde hier sind;
mit allen, die künftig kommen werden in unsere Kirche.
Die sie im Stillen besuchen,
die hier vor Gott ihr Herz öffnen können,
und an unserem Leuchter ein Licht anzünden.

„Gott höre uns“, steht auf ihm als Bitte geschrieben.

Die Antwort ist uns heute gesagt, zu dir, und zu mir:

„Es sollen wohl Hügel hinfallen und Berge weichen,
aber meine Gnade soll nicht von dir weichen“.

Amen.

 
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